Ok. Lust hatte ich keine, aber es nützt nichts. Ich muss den nächsten Gebirgsrücken überqueren. Gut. Ich könnte auch ganz gemütlich den Columbia River entlang fahren und mich auf diese Art ganz einfach aus der Affäre stehlen, aber da ich schon mal beschlossen hatte den NT bis zum Ende zu fahren …
Also bin ich gegen 8:30 Uhr losgefahren. Vorbei an einem riesigen Sägewerk, das mich irgendwie noch die nächsten beiden Tage verfolgen wird.
Jedenfalls habe ich nach ein paar Kilometern an einer Tankstelle noch meine Snickers und Süßigkeiten-Vorräte aufgefüllt. Die Kalorienbomben bringen mich im Zweilfel immer über den Berg, wenn das Frühstück versagen sollte.
Auf halbem Weg zum Sherman Pass habe ich mich mit Dave unterhalten. Der fährt auch den NT, war aber erst seit einer Woche unterwegs, von West nach Ost. Jedenfalls hatte der auch die drei Jungs getroffen, und wusste, dass die nur einen einzigen Ruhetag eingelegt hatten. Hoho. Da bin ich doch in einer viel besseren Position. Ich hab für die gleiche Strecke ungefähr doppelt soviel Zeit.
Gut. Weiter. Der Pass war dann noch eine rechte Qual. Ich dachte zwischendurch immer wieder mal, dass ich es gleich hätte, aber wie am Berg üblich, der aktuelle Anstieg ist nur der Weg zum nächsten.
Den ganzen Tag über haben mich die Holztransporter genervt. Die fahren echt wie bescheuert. Und irgendwie wird es einem schon anders, wenn ein voll beladener Holztransporter mit Vollgas um die Kurve kommt. Und die leeren kommen dann noch von hinten und überholen auf der nicht zu breiten Bergstraße ohne auch nur ein bisschen vom Gas zu gehen. Aber gut. Das sind Berufskraftfahrer. Sag ich mir immer. Nerviger sind eigentlich die Freizeitfahrer mit ihren riesigen RVs. Die sind so groß wie bei uns Reisebusse, ernsthaft, und am Steuer sitzt ein Greis, bei dem bestimmt keiner geprüft hat ob er noch sieht oder der nicht weiß dass er vergessen hat die Steighilfe für seine besser Hälfte wieder einzufahren. Wie oft habe ich dann von hinten gesehen, dass auf Wadelhöhe eine Treppenstufe aus dem Fahrzeug raussteht.
Irgendwann war dann der Pass geschafft. Danach ging es ohne Ende runter. Das entschädigt dann für die Qualen. Ich muss dann immer an Gottes letzte Botschaft denken.
Später habe ich auch noch einen älteren Radler getroffen. Er machte gerade rast vor dem Anstieg in Richtung Sherman Pass. Es standen ihm noch ca. 600 hm ununterbrochen bergauf bevor. Er meinte er würde langsam zu alt dafür und dass er in Rente wäre.
Er war mit einem Tandem unterwegs, was mich gewundert hat, ich hab schon die ganze Zeit gewartet, dass jemand aus den Büschen kommt, bis er mir sagte, ohne dass ich ihn auf das Tandem angesprochen hatte, dass letztes Jahr seine Frau an Krebs gestorben ist und dass er damit darüber hinwegkommen möchte.
Am Ende des Tages habe ich mich auf dem Campground, ich nenne es mal so, in Republic eingefunden. Es war wirklich nicht leicht das Ding zu finden und es war überhaupt nicht leicht dorthin zu kommen. Der Campground liegt ganz am Ende einer unverschämt steilen Schotterpiste, die ich mit beladenem Rad nur sehr schwer fahren konnte, weil abwechselnd immer das vordere oder das hintere Rad wegging. Hinten wenn ich in die Pedale getreten habe, und vorne wenn ich vor lauter Schreck kurz nachgelassen habe.
Meine 10 Dollar habe ich wie geheißen in den dafür vorgesehenen Briefkasten gesteckt. Eine Anmeldung ausfüllen musste ich nicht. Aber es war eine Dusche vorhanden, wenn ich mich jetzt richtig erinnere sogar kostenlos. Aber alles extrem rustikal. Schwamm drüber. Am Ende des Tages ist man immer unendlich glücklich da zu sein. Egal wo.
Irgendwann kam dann auch der Manager des Campgrounds angegefahren, auf seinem Rasenmäher. Zuerst dachte ich er kann nicht gehen, weil jede Schnecke wäre schneller gewesen als das Gefährt und zwar ohne den höllischen Lärm zu verbreiten, und von Gras war auch nichts zu sehen, zumindest kein grünes, frisches, das gemäht hätte werden müssen. Jedenfalls habe ich schon gesehen, dass er auf mich zukommt. Ich konnte dann noch in Ruhe fertig essen und das Kapitel fertig lesen bevor er bei mir ankam. Aber am nächsten Tag habe ich ihn dann doch laufen gesehen.
Jedenfalls haben wir noch ein bisschen geratscht. Ich hab ihn auch gefragt, ob es regnen wird, weil ganz schön viele Gewitterwolken aufgezogen waren. Er meinte aber dass nicht. Ich habe trotzdem mein Außenzelt übergezogen. Ich traue dem Ganzen hier nicht. In den letzten Tagen habe ich nur mit Innenzelt geschlafen. Das Zelt ist schneller auf und abgebaut und kühlt schneller aus. Es regnet bestimmt in der Nacht.
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