Am Morgen sind wir schwer losgekommen. Wir mussten noch letzte Hand an Geralds Fahrrad anlegen. Am Abend hatten wir schon festgestellt, dass vermutlich bei der Montage beim Händler die Gangschaltung nicht richtig eingebaut und justiert worden war. Jetzt war die Kette zu lang und wir mussten den gleichen Fehler mit Absicht wieder herstellen, damit das Fahrrad überhaupt zu fahren war.
Nachdem wir unsere Zelte abgebaut hatten, haben wir noch ein paar Lebensmittel besorgt.
Wir sind dann auf dem Highway in Richtung Kimberley gefahren. Ein leicht österreichisch angehauchter Wintersportort nordwestlich von Cranbrook.
Kurz nach Ortsende Cranbrook steht ein Typ mit Pickup auf dem Seitenstreifen und winkt uns zu sich her. Ja, er fährt auch Rad und mag das Fahren auf dem Highway nicht. Er möchte uns eine andere Strecke nach Kimberley zeigen. Dann ist er ein paar hundert Meter vorgefahren und hat uns einen Durchschlupf durch die Büsche gezeigt. Keine 10 Meter vom Highway Weg, verlief ein perfekt ausgebauter Fahrradweg. Von Cranbrook nach Kimberley. Da es sich um eine der stillgelegten und dann zurückgebauten Eisenbahnstrecken handelt, sind die Steigungen alle unter 3 Prozent und das Fahren auf dem Weg machte echt Laune.
Leider hat es ziemlich bald angefangen zu regnen und es hat 1,5 Stunden durch geregnet. Bis Kimberley. Wir waren klatschnass. Das Wasser stand mir in den Schuhen.
In Kimberley hat Gerald sein Fahrrad in einen Fahrradladen gebracht. Dort hat man ihm die Schaltung korrigiert und die Kette gestützt. Jetzt läuft sie perfekt. Bevor jetzt hier geflamed wird warum wir das nicht selber hingekriegt haben: wir hatten ganz einfach den Bolzen für das zusammenstecken der gekürzten Kette nicht. Die Ersatzkette die ich habe, funktioniert anders, und ich dachte nicht, dass ich in die Situation kommen werde, meine aktuelle Kette kürzen zu müssen, wenn dann eben gegen eine neue tauschen. Also kein Bolzen.
Das Wetter ist wieder besser geworden und alle Klamotten sind wieder getrocknet, bei herrlichem Sonnenschein ab kurz nach Kimberley.
Wir sind dann weitergefahren Richtung Ta Ta Creek in der Hoffnung dort einen Campground zu finden. Auf der Karte waren drei davon eingezeichnet. Aber es gibt keinen der dort ausgeschildert und für uns erreichbar gewesen wäre. Vermutlich handelt es sich dabei um Campgrounds, die nur zu Fuß erreichbar sind und mitten im Wald liegen.
Also sind wir weiter nach Skookumchuck gefahren. Unser Wohltäter von heute Morgen hatte uns gesagt, dass dort direkt am Ortsanfang ein Campground sei.
Pustekuchen. Am ersten sagt man uns, dass sie keine Zelte mehr nehmen, nur noch Campingbusse. Aber der nächste vermutlich schon. Der nächste war auch nur 10 Meter weiter.
Dort hat man uns mit den Worten „Ich hoffe ihr kommt wegen eines Zimmers!“ empfangen. Nein, tun wir nicht. „We don't do tenting anymore!“. Wir haben noch ein bisschen gefragt warum und seit wann. Der Typ war recht nett und hat uns dann noch den Tipp gegeben, dass es ca. 5 km weiter einen Waldweg zu einem See gäbe. Dort wäre unsere beste Chance einen Platz zu kriegen.
Dort haben wir einen super Platz direkt am See vorgefunden, der allerdings als day use area ausgeschrieben war, was üblicherweise bedeutet, dass campen nicht erlaubt ist. Allerdings stand da auch etwas von maximal 14 Tagen Aufenthalt. Wir haben das so verstanden, dass Zelten ok geht.
Den Platz mussten wir uns mit einer Gruppe teilen, die mit ihrem Van und vier Autos da standen. Im Laufe des Abend sind aber die meisten davon gefahren und auch die mit dem Van haben alles abgebaut. Am Morgen waren alle weg.
Jedenfalls sind wir am Abend noch kurz in den See gesprungen, als Ersatz für die so sehnlich erwartete Dusche. Dann gab es Abendessen, Nudeln mit Hamburger Relish als Soße. Zum krönenden Abschluss noch ein India Pale Ale.
Aus einer geplanten 45 km – wir fangen mal langsam an – Tour, wurde eine 85 km Tagesetappe mit netter Steigung am Ende. Es gab gleich keinen Campground, ich bin aber froh deswegen, sonst hätte ich mir anhören müssen, warum ich immer 8 Liter Wasser durch die Gegend fahre, jetzt sind wir glücklich über Abendessen, Kaffee am Morgen und Trinkwasser. Und der Platz am Ende ist einfach der Hammer.
Jedenfalls war das ein angemessener Einstand. Willkommen in Kanada!
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