21.05.2015 Osoyoos nach Kettle Valley

Um es gleich vorweg zu nehmen, der Anarchist Mountain hat mich nicht besiegt. Nimm das! Hah!

Natürlich bin ich nicht um. 6:00 Uhr losgekommen. Nein, auch nicht um 6:30 Uhr. Aber um sieben war auch auf der Piste und habe mich schon geärgert, weil die Sonne schon über dem Berg stand und bis auf den See geschienen hat. Der Plan war ja eigentlich so früh loszukommen, dass mich die Sonne beim Aufstieg nicht sieht. Das ist also schon mal nicht geglückt.

Aber ansonsten habe ich alles fast richtig gemacht.

Am Vorabend habe ich mich noch, auf den Ratschlag meines Campground Managers hin, mit einem Wiesenchampignon gedoped. Den Pilz legte er mir auf den Tisch, und meinte dazu, Proteine, die brauchst du morgen. Der ist besser als jedes Stück Fleisch. Ok. Roher Pilz von der Wiese. Weg damit. Schmeckte ausgezeichnet, nach Champignon eben.

Ich habe auch meiner Fahrradkette noch eine Ölung spendiert, da sie während der gestrigen Fahrt schon merklich Geräusche von sich gegeben hat. Angeblich muss ich das nur alle 300 km machen. Inzwischen bin ich aber eher bei 100 km angekommen. Keine Ahnung was ich da falsch mache.

Ich bin um 5:25 Uhr auf Geheiß meines Weckers aufgestanden und hab damit begonnen alle meine Habseligkeiten in die richtige Tasche zu packen, das Zelt auszuräumen und den Schlafsack zum Auslüften auf das Zelt zu legen. Gleichzeitig habe ich Wasser aufgekocht um mir eine Tasse Tee zu machen. Weiter zusammengepackt. Tee gemacht. Noch mehr Wasser aufgekocht. Ich habe geschwankt zwischen Reis oder Nudeln zum Frühstück, wegen der Kohlenhydrate, die ich dann im Laufe des Tages wieder abtrainieren werde. Reis hat gewonnen. Also Reis gekocht. Wasservorräte aufgefüllt. Diesmal hatte ich wohl so um die acht Liter mit dabei. Müll weggebracht. Zähne geputzt. Fahrrad beladen und endlich vom Hof gerollt.

Diese Prozedur mach ich jeden Morgen durch. Es ist erstaunlich, wie lange das jedesmal dauert.

Als ich mich dem Berg genähert habe, habe ich schon gesehen, dass die Verspätung nicht so schlimm ist. Der größte Teil der Straße lag nach wie vor im Schatten. Nur einzelne Stellen waren schon von der Sonne beschienen. Da die Temperaturen um diese Zeit aber sowieso noch, nach Gefühl, im einstelligen Bereich lagen, war das dann auch kein Problem.

Jetzt musste ich mir so viele Horrorgeschichten von diesem Berg anhören, am Ende war alles halb so schlimm. Der erste Teil mit der extremen Steigung war in genau 1:07 Stunden praktisch nonstop, ok, zweimal absteigen zum Wasser trinken, erledigt. 95% der Strecke aber im Granny Gear. Ich war wieder mal heilfroh, dass ich mir hinten den 11-34er Zahnkranz hab einbauen lassen, anstelle der 11-32er Standardvariante. Praktisch der Grannny Gear unter den verfügbaren Kombinationen.

Versuch den Aufstieg im Bild festzuhalten

Ich hab im Moment die geneuen Daten meiner Schaltung nicht parat, aber ich glaube ich mache in der kleinsten Übersetzung ungefähr 0,8 Meter pro Kurbelumdrehung. Also grob gerechnet 8000 mal links treten und 8000 mal rechts treten, und schon war ich über das Gröbste hinweg und die gut 6 Kilometer mit der größten Steigung lagen hinter mir. Es lagen dann noch ca. 20 Kilometer mit einigen längeren Steigungen vor mir, dann endlich gegen Mittag hatte ich den Anarchist Summit erreicht. Nicht täuschen lassen, das war nur ein Pass, aber Name ist Name.

Danach ging es über größere Strecken ganz schön runter, meist aber eher gerade aus. Ziemlich bald hatte ich dann Rock Creek erreicht, war also wieder in der Zivilisation angekommen. Ohne Kreislaufkollaps und ohne zu verdursten. Ich bin dann noch ein bisschen weiter bis hinter Kettle Valley gefahren und hab dann überlegt, ob ich noch ein paar weitere Kilometer machen soll. Da das mir verfügbare Kartenmaterial aber auf die nächsten 80 Kilometer keinen Campground angezeigt hat, habe ich entschlossen bereits am frühen Nachmittag Schluss zu machen. Ich hab daher auch nur ca. 65 km geschafft. Auf meiner weiteren Strecke gibt es jetzt nur noch eine erwähnenswerte Steigung, und zwar zwischen Christiana Lake und Castlegar. Darum kümmere ich mich vielleicht übermorgen.

Die Strecke selbst war jetzt nicht sonderlich spektakulär. Lediglich der Blick zurück auf Osoyoos und den See war beeindruckend, zumal man da bis in die Cascade Mountains im gleichnamigen Nationalpark der USA schauen konnte.

Blick zurück auf Osoyoos

 

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PS: wer sich den GPX Track genauer ansieht, sieht Mist. Irgendwie war da der Wurm drin. Entweder haben die USA irgendwo einen Angriff geflogen, dann schalten sie ja immer das GPS System unscharf, oder mein Handy hatte einen schlechten Tag. Jedenfalls stimmt da irgendwas nicht. Ich kann es aber mit den mir hier verfügbaren Mitteln nicht analysieren oder korrigieren.

PS PS: ich hab heute (22.05.) Markierungen auf der Straße, die mir das kanadische Strassenbauamt zur Verfügung gestellt hat, benutzt, um die Anzahl Kurbelumdrehungen pro Strecke zu zählen. Ich hab im leichtesten Gang exakt 15 Umdrehungen auf 20 Meter gebraucht. Der Wert ist ziemlich genau, weil ich mehrere Messwerte genommen hab und dadurch die Genauigkeit steigern konnte. Für was eine naturwissenschaftliche Grundbildung alles gut ist. Jedenfalls sind das dann 1,33 Meter pro kompletter Umdrehung der Kurbel. Wie ich auf 0,8 Meter komme weiß ich auch nicht. Also habe ich nicht 16000, sondern nur, ach was, das überlasse ich den Lesern:

Textaufgabe: ein Fahrrad legt im kleinsten Gang 1,33 (periodisch) Meter pro 360 Grad Umdrehung der Pedalkurbel zurück. Wie viele Tritte (rechts und links) sind also nötig, um den exakt 6 km langen steilsten Abschnitt des Anarchist Mountain zurück zu legen, wenn man mit dem linken Fuß beginnt. Das linke Pedal steht zu Beginn senkrecht nach oben. Gesucht ist die Zahl, die zum Überfahren der 6 km Marke nötig ist. Ausrollen gilt nicht, der Berg ist so steil, dass das Fahrrad ohne Treten sofort stehen bleibt. Ein begonnener Tritt wird komplett gezählt.

Wer als erster die genaue Zahl nennt kriegt das übliche.

 

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