23.06.2015 Cardston nach St. Mary

Nachdem ich gegen 10 Uhr endlich US Dollar in Händen hielt, habe ich die letzten 25 Kilometer bis zur Grenze in Angriff genommen. Zumindest die Landschaft wird wieder besser.

Ich kann nicht sagen, dass es mir leicht gefallen ist, aber heute habe ich den Schritt getan, und habe erfolgreich versucht, das gelobte Land zu betreten.

Von wem und wofür gelobt habe ich allerdings im Moment nicht parat. Egal. Ich bin in Gods own Country.

Zuerst hat alles ganz vielversprechend begonnen. Schon die ganzen 25 Kilometer von Cardston bis zur Grenze sind mir Oldtimer entgegen gekommen, und in der Tat, vor der kanadischen Grenzstation stand eine ganze Schlange von den Gefährten und begehrte Einlass. In der anderen Richtung war aber nur ein Fahrzeug vor mir, so dass ich nach wenigen Minuten warten herangewunken wurde.

Der Typ am Fenster war ausgesprochen freundlich, hat mir natürlich die üblichen Löcher in den Bauch gefragt. Wohe, wohin, wie lange in Kanada, wie lange in USA, ob ich heute Waffen dabei habe, da musste ich kurz lachen, hat er aber ignoriert. Nein, keine Waffen. Irgendwelches Fleisch? Nein auch nicht.

Nachdem die erste Befragung beendet war, hat er mich gebeten, mein Fahrrad um die Ecke abzustellen und ins Gebäude zu kommen.

Dort hat er meinen Ausweis an einen Kollegen übergeben, der mich, bis auf den Gesichtsausdruck, sehr stark an das Michelin-Mänchen erinnert hat.

Nach ein paar Minuten blöden rumlaberns hat sich dieser dann doch bequemt, ist auf mich zugekommen, hat sich vor mich hingestellt und erstmal herzhaft gerülpst. Als Repräsentant seines Landes hat er mir schon mal ganz klar zu verstehen gegeben, dass auf Umgangsformen hier kein Wert gelegt wird. Dann hat er mir die gleichen Fragen nochmal gestellt, bla bla, ob ich schon mal eingesessen hätte. Nein, hab ich nicht. Wirklich? Sicher? Keine Waffen? Keinen Pitbull? Nein, ich fahr mit leichtem Gepäck! Ok, auch keinen kleinen Hund? Keinen Wellensittich? …

Dann wurde ich erkennungsdienstlich behandelt. In einem sehr strengen Deutsch hat er mir erklärt, welche Finger ich jetzt wie auf den Scanner legen soll. Ob diese Gestapo-Nummer jetzt lustig oder als Stinkefinger zu verstehen war kann ich nicht sagen.

Jedenfalls würde ich danach für ausreichend unbedenklich eingestuft und durfte einreisen. Danke lieber Michelin-Mann.

Die Grenzstation, von Süden aus gesehen

Ich hab mich dann weitere 20 Kilometer ins Hinterland gewagt und mir dort in einem kleinen Laden erstmal ein kaltes Getränk gekauft.

Dort hab ich mich mit drei älteren Herrschaften ganz nett unterhalten, bevor ich die letzten Kilometer unter die Pedale nahm, um endlich St. Mary, das Tor zum Glacier Nationalpark, zu erreichen. Dort hatte ich mir einen Campground ausgesucht, und wohlwissend die Adresse auswendig gelernt. Musste ich natürlich beim Grenzer angeben, wo ich gedenke zu nächtigen.

Der Eingang zum Glacier NP

Übliches Vorgehen: zum Campground, dort den Platz für die Nacht klar machen. Zelt aufbauen, Gepäck abladen, wenn es schon etwas abgekühlt hat, duschen, frische – wer's glaubt – Klamotten anziehen und dann mit einem federleichten Fahrrad die Örtlichkeit erkundigen. Das ganze ging recht zügig, kein Wunder bei lediglich 5 oder 6 öffentlichen Gebäuden, also Kneipe, Supermarkt, Visitor Info, …

Aber als ich aus dem Supermarkt rauskam, ungefähr 5 Minuten nachdem ich rein gegangen bin, erkannte ich draußen nichts mehr. Ich fühlte mich in einem Hyronimus Bosch Gemälde. Alles war in schwefelgelbes Licht getaucht und ein Orkan wirbelte Unmengen von Staub und Blättern durch die Luft. Gegen den Wind ankämpfend, war ich ja schon gewohnt, bin ich schleunigst zum Zelt geradelt, gerade noch rechtzeitig, bevor draußen wirklich die Hölle los war. Mir wars egal. Ich hab mich hingelegt, bin aber leider erst um 21:45 Uhr wieder aufgewacht. Jetzt war aber 22 Uhr genau die Zeit, zu der die mexikanische Imbissbude, die ich als Ort meines Abendessens auserkoren hatte, schließen wollte.

Am Ende blieb mir nur noch eine Pizzeria übrig, in der ich nach 5 Minuten der einzige Gast war. Aber die Pizza war gut und es gab IPA vom Fass. Alles gut.

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22.06.2015 Fort Macleod nach Cardston

Die Strecke von Fort Macleod nach Cardston verläuft einfach den Highway 2 nach Süden lang.

Die Strecke ist nicht sonderlich befahren, bietet aber auch keine besonderen Reize. Aber je näher man Cardston kommt, desto deutlicher zeichnen sich die Rockies wieder am Horizont ab. Man fährt direkt auf den Glacier Nationalpark zu.

Cardston selber liegt in einem Indianerrservat, was sich wohl auch auf die Gesetzgebung niederschlägt. Zumindest ist das meine Theorie, warum es in ganz Cardston keinen Tropfen Alkohol gibt. Es gibt keine Kneipe, warum auch. In keinem Restaurant, von denen sowieso nur eines auf hat, gibt es Alkohol.

Die Stadt selber ist ziemlich runtergekommen. Die Hälfte der Einwohner, bezeichnenderweise die Arme, auf der Straße herumlungernde Hälfte, ist dunkelhäutig. Es gibt auch ein paar dunkelhäutige, die mit ihren Pickups bei DQ Vorfahren und, außer in der Hautfarbe, von den weißen Kanadiern nicht zu unterscheiden sind, aber das ist eine Minderheit.

Ein bisschen erinnert das an die Aborigines in Australien. Die saßen auch völlig lethargisch an der Straße. Nur dass die Indianer hier, vermutlich, nicht betrunken sind. Ob das die Sache besser macht?

Jedenfalls ist Cardston die letzte Siedlung vor der Grenze und ich wollte hier US Dollar erstehen. Aber keiner der Geldautomaten hier gab US Dollar aus. So musste ich notgedrungen hier übernachten und dann in die Bank an den Schalter gehen. So richtig Lust noch weitere 60 Kilometer, über die Grenze bis zum nächsten Ort, zu fahren hatte ich eh nicht.

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21.06.2015 Ruhetag in Fort Macleod

Es gibt eigentlich nicht viel zu erzählen.

Meine Wäsche musste mal wieder gemacht werden. Als Camper ist man ja echt dankbar für die Erfindung des Wäschetrockners. Eigentlich bin ich kein Freund dieser energiefressenden Monster, aber wenn dann die Wäsche nach einer Stunde komplett fertig, und ganz wichtig, kuschelig warm ist, dann freut man sich doch, wenn man an einem kalten Tag in eine vorgewärmte Hose schlüpfen kann.

Es war Sonntag und am frühen Nachmittag sind 90% der Besucher des Campgrounds in Ihre dicken Schiffe gestiegen, haben den Motor mal ne halbe Stunde warm laufen lassen, und waren dann weg.

Leider kam dann aber auch ein schwerer Thunderstorm. Schwarze Wolken hängen über der Gegend. Ich denke noch, ich geh mal besser zum Zelt und schau ob ich noch was wegräumen muss. In dem Moment bricht auch schon die Hölle los. Es hat wie aus Eimern geschüttet, schön durchsetzt mit Hagel, der immer so schön lustig auf der Wiese springt.

Um das Zelt vor dem Davonfliegen zu bewahren habe ich mich dann mal reingelegt und drei Stunden gepennt.

Dann noch Abendessen, lesen, fertig. Ich hab echt noch überlegt, ob ich ins Kino gehen soll, aber ehrlich. Ich hab es nicht geschafft. Auch in Kanada sind die freien Tage immer 10 Stunden zu kurz.

 

20.06.2015 Nanton nach Fort Macleod

Ich hab mir heute mal wieder mein Lieblings Kraftfrühstück, Reis in Gemüsebrühe, gemacht. Klingt vielleicht komisch, aber damit komme ich am besten über den Tag. Diesmal allerdings aufgepeppt mit angedünsteten Gemüseresten, die ich seit Okotoks in einer Tüte gesammelt hatte, und hart gekochten Eiern, ebenfalls ganz frisch in Okotoks zubereitet.

Mit den Eiern hier ist es so eine Sache. Man kann sie üblicherweise nur in 12er Packungen erstehen. Wenn man also Lust auf Spiegelei hat, dann muss man sich 12 Stück kaufen und kann dann 2 oder 3 wie gewünscht zubereiten. Den Rest koche ich dann immer hart. Dann hat man auch die nächsten Tage noch was davon. Auch als Snack zwischendurch gerne genommen.

Überhaupt das mit dem Essen. Ich könnte, kann und tue es auch, Unmengen davon verdrücken. Und trotzdem ist es nie genug. Ich hab hier definitiv ein paar Kilo verloren. Klingt gut, ist es aber nicht. Das Ganze ist echt ein Posten, der in der Reisekasse so nicht vorgesehen war. Wahrscheinlich verzeichnet die nordamerikanische Lebensmittelindustrie im Moment einen Umsatzrekord und wundert sich warum. Vielleicht sollte ich mich mehr auf Tim Hortons Parkplätzen rumtreiben.

Nein, alles nur ein Scherz. Bitte keine Lebensmittelpakete, und auch keine Spenden, schicken.

Jedenfalls habe ich es, dank des vernünftigen Frühstücks, doch noch bis Fort Macleod geschafft. Insgesamt ungefähr 90 km, davon 85 mit mehr oder weniger heftigem Gegenwind.

Ich will jetzt nicht ausholen, aber der Wind. Ich glaube es gab zwei Tage, an denen der Wind günstig stand. Den Rest der Zeit kam er entweder von vorne, oder bestenfalls von der Seite, was zumindest bei höheren Windgeschwindigkeiten auch kein Spaß ist. nIn

Fort Macleod sieht auf der Karte auch beeindruckender aus als es ist. Die eine Hälfte des Ortes besteht aus Motels, ein Viertel aus Liquor Stores, ich hab vier gezählt, und der Rest teilt sich auf in Schnellrestaurants, kein Tim Hortons :-(, und Laundries. Ich glaube der Ort existiert nur, weil hier der Highway 2 auf den Highway 3 trifft. Der gute alte Crowy.

Nein, ok, ein bisschen tue ich dem Ort Unrecht. Es gibt ein Kino, eine beeindruckend große Sporthalle, einen netten kleinen Fahrradshop, eine Tankstelle, ein Museum, eine Post und einen Park zum Gedenkan an Macleod. Und es leben sogar ein paar Menschen hier.

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19.06.2015 Okotoks nach Nanton

Natürlich bin ich nicht so früh losgekommen, dass sich die Strecke bis Fort Macleod realistisch hätte machen lassen. Um kurz nach 10 war ich aber zumindest schon mal beim lokalen Ableger von Tim Hortens, den ich zwecks Frühstück und Kaffee angesteuert habe, angekommen.

Ich schleich mich mit meinem Fahrrad gerade über den Parkplatz, ich finde es nicht immer ganz einfach, herauszufinden, wo man jetzt gerade in welche Richtung fahren darf. Das liegt an den kunterbunt verteilten Parkplatzein- und -ausfahrten zwischen die sich dann noch die Drive Through Lane zwängt. Also wechsle ich immer mental in den Fußgängermodus und tu so, als ob ich eh überall fahren dürfte. Jedenfalls bin ich gerade auf Schleichfahrt, als mich aus einem offenen Autofenster jemand anspricht.

Wo willst du heute noch hin? Ich wende und fahre zum Beifahrerfenster. Danke dass du zurückgekommen bist. Ich sage, dass ich eigentlich bis Fort Macleod wollte, es aber wohl eher nicht schaffen werde. Es entwickelt sich ein Gespräch und der Typ, ein älterer Herr, vielleicht Ende 50, fragt mich Löcher in den Bauch, wo ich herkomme, wo ich hinfahre, was ich arbeite, … Jedenfalls ist er hellauf begeistert und meint, er möchte mich auf einen Kaffee bei Tim Hortens einladen, zückt sein Portemonnaie und hält mir 20 Dollar hin.

Jetzt muss ich etwas ausholen. Etwas sehr ähnliches ist uns, Gerald und mir, schon mal passiert. Ein Typ hält an, unterhält sich mit uns, und zückt 20 Dollar. Mit den Worten, Fahrradfahrer haben nie Geld. Will er uns den Schein in die Hand drücken. Wir lehnen ab, sagen, dass wir eigentlich schon genug Geld haben, usw. Am Ende steckt der Typ den Schein weg und ist leicht angepisst. Steigt in sein Auto und ist weg.

Ich hab dem Typen heute ja bereits erzählt, was ich arbeite. Dennoch habe ich ihm nochmal gesagt, dass ich wirklich nicht arm bin, aber er wollte nicht von seinem Plan ablassen. Also habe ich die 20 Dollar genommen und mich herzlich bedankt. Er meinte noch, dass er mir das Geld geben möchte, weil ich eine Inspiration für ihn und alle Kanadier wäre.

Wow. Das zieht einem dann doch den Boden unter Füßen weg. Geht runter wie Öl. Jedenfalls habe ich den Kaffee dann auf ihn getrunken.

Und wieder einmal hat die Inspiration nur gut 50 km geschafft. Ein bisschen Schuld war aber auch ein heftiges Gewitter, das sich, von den Rockies aus Westen kommend, vor mich geschoben hatte. Zum Glück war ich gerade in der Nähe eines Tim Hortons, so dass ich das Nützliche, Flucht vor den Gewitter, mit dem Angenehmen, ein leckeres Chili mit einer Art Vollkornbrötchen, verbinden konnte.

Mein zweiter Tim Hortons innerhalb von zwei Stunden. Dort konnte ich das Gewitter aussitzen und danach, ohne auch nur ein bisschen nass geworden zu sein, meine Fahrt fortsetzen.

Ich muss jetzt ein paar Worte zu dieser Kette, Tim Hortons, loswerden. Ich hab mich mit der Firmengeschichte nicht beschäftigt, obwohl überall Fotos und so Zeugs vom Firmengründer, Tim Horton, herumhängen, und man mit Sicherheit sehr gerne davon berichten würde.

Jedenfalls scheint sich dieser Mensch in den Kopf gesetzt zu haben, einen vernünftigen Kaffee anzubieten. Mit Erfolg. Der Kaffee ist echt gut. Filterkaffee vom Feinsten. Nicht diese dünne, seit drei Stunden auf dem Herd vor sich hinsimmernde Plörre, wie man sie üblicherweise in amerikanischen Diners bekommt. Wer will kann sich den Kaffee natürlich auch mit irgendwelchen Flavours versauen lassen, aber man muss ja nicht alles mitmachen.

Die ersten Tage in Kanada kannte ich die Kette noch nicht. Üblicherweise befinden sich immer alle Schnellrestaurants am Rande eines Ortes, neben dem Highway, um möglichst viele Kunden zu erreichen. Innerhalb von vielleicht 500 Metern konzentrieren sich also die üblichen Verdächtigen. Mac D, A&W Burger, Subway, Denny's, DQ, eventuell noch weitere, lokale Restaurants, und natürlich Tim Hortens.

Bevor ich überhaupt wusste, was der Schuppen zu bieten hat, Autoreifen, Zeitschrift oder Burger, nebenbei bemerkt, keines von alledem, ist mir aufgefallen, dass der Laden in der Zeit von 9 bis 12 den Verkehr lahmlegt. Während bei den anderen Schnellrestaurants meist maximal ein Auto auf dem Parkplatz stand und die Drive Through Lane gähnend leer war, waren bei den Tim Hortens immer sämtliche Parkplätze belegt, und die Schlange der Autos, die auch noch unbedingt mit rauf wollten, staute sich zurück bis auf die Straße. Das musste ich mir natürlich ansehen.

Das ist aber gar nicht so leicht. Zwar habe ich mit Rad keine Parkplatzprobleme, aber wenn man das Restaurant betritt, dann reicht die Schlange der Wartenden oft bis zur Tür. Man hat extra schon Absperrbänder installiert, um die Kunden koordiniert in Schlangenlinien auf dem verfügbaren Platz zu parken.

Wenn man es dann aber einmal geschafft hat an einer Kasse zu landen, dann geht der Spaß erst richtig los. Gerald und ich sind uns einig, man müsste für Kanadaneulinge einen Immigrationskurs „Tim Hortons for beginners“ anbieten. Unter der Decke hängen schon mal Fernseher, die die ca. jeweils 10 Frühstück und Lunch Angebote präsentieren. Man weiß zumindest schon mal ungefähr was man kriegt. Ok. Versuchen wir es einmal.

Number 4 combo please. Dabei handelt es sich in seiner Frühstücksvariante, Nummer 4 gibt's auch als Lunch, aber sie sich daraus ergebenden Komplikationen sind für den fortgeschrittenen Kurs, um eine Art englisches Frühstück mit Rührei, Speck und Brötchen. Das ganze natürlich, den Drive Through Gästen sei es gegönnt, in einer autofahrerfreundlichen Variante. Das Rührei hat die Form eines Fladens von der Größe des Brötchens und befindet sich zusammen mit dem Speck bereits perfekt positioniert zwischen der oberen und unteren Hälfte von eben diesem. Form, OK, interessant. Geschmack, Wow. Schon allein das Brötchen, ok, kein Pfister Vollkorn, aber von dem labbrigen Flatsch der anderen Ketten soweit weg, wie Russland von Demokratie.

Aber wir sind ja noch gar nicht fertig mit Bestellung.

To stay, or to go? – äh, nein nein, schon hier, ich kann das doch auf dem Fahrrad nicht transportieren. Und einmal am Tag auf einem richtigen Stuhl sitzen. Warum denkt ihr bin ich hier? To stay, please.

What do you want to drink? – Blöde Frage. Coffee, please! Wir wollen ja höflich bleiben. – Okay. Wieder so ein Tourist. Small? Medium? Large? X-Large? – Ah. Ok. Hm. Large, please! – Manno, mein Glückstag. What kind of coffee? Regular, dark or decaf? – Wow, hm. Dark, please. – Da werde ich mich wieder bei meinem Schichtleiter verantworten müssen, warum das wieder so lange gedauert hat. Do you want cream and sugar? – äh, was? Ah, ok. Just cream, please.One or two cream? – äh. One, please.

Damit wäre es eigentlich geschafft. Nur noch die obligatorische Frage nach eventuellen Extrawünschen. Umsatz ist Umsatz.

Something else? – Oh, ah. Vorsicht. Jetzt wird das Eis sehr dünn. Hier kann man folgenschwere Fehler begehen. Yes. Could I get a Honey Dip Donut, please? – ok, was hat man mir beigebracht muss ich fragen? Do you want this as a replacement for the Hash Brownie?

Dies ist eine klassische Stelle, an der sich, zumindest für Anhänger der Multiversumstheorie, das Universum teilt.

1) man hat noch nie einen Hash Brownie gegessen: Was zum Teufel ist ein Hash Brownie? Ich kenne nur Brownies, extrem konzentrierte Kalorien in Form einer Art Schokokuchen. Ich brauche zur Zeit jede Kalorie die ich kriegen kann, ich will heute noch 50 km fahren. No, additionaly, please!

2) man hat bereits einen Hash Brownie gegessen: BIST DU WAHNSINNIG, ERST MACHT IHR MICH SÜCHTIG AUF DAS ZEUG UND DANN WOLLT IHR ES MIR NICHT GEBEN? No, additionaly, please!

Wahrscheinlich kennen alle außer mir, ich wusste echt nicht was ein Hash Brownie ist, das Zeug. Jedenfalls ist es, wie wir Oberpfälzer sagen, ein Dotsch, andere nennen es wohl Reibekuchen. Grob geriebene Kartoffeln, zu einem Fladen herausgebacken. Ich bin total süchtig auf das Zeug. Selbst jetzt beim schreiben läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Ich glaube ich muss nach dem Urlaub in Therapie gehen. Aber leider gibt es das nur als i-Tüpfelchen zu den Frühstück-Combos.

Jetzt nur noch zahlen, und kurze Zeit später gibt es das Bestellte an der Essenausgabe zum abholen.

Einen Profi erkennt man an der Bestellung: One combo number 4 to stay with large coffee, one cream, and an extra Honey Dip donut please. – Someting else? – No, thank you. – You're welcome.

Na also, geht doch. Aber ich glaube trotzdem, dass der Kurs der Renner wäre. Zumal, ihr wollt echt nicht wissen, welche Komplikationen sich aus der Bestellung eines Chilies ergeben. Aber auch hier gilt, am Ende lohnt sich jede Mühe.

Jedenfalls habe ich es nur bis Nanton geschafft. In der Eisdiele habe ich, neben einer Kugel Maple Walnut, noch die Info bekommen, wo ich den blöden Campground finden kann. Erst wenn man 100 Meter vor ihm steht, ist er ausgeschildert. Der Verkäufer in der Eisdiele sagt, er habe die erste Zeit, nachdem er aus Calgary hierher gekommen war, selbst auf dem Campground gewohnt. Er sei sehr ruhig. Naja. Mit der Ruhe auf Campgrounds hier ist es so eine Sache. Der hier liegt z.B. ziemlich nahe am Highway, und die Lastwagenfahrer kennen ja nichts. Die Maschine muss schon ordentlich knattern. Aber üblicherweise liegen Campgrounds direkt an der Bahnstrecke. Und wenn sich so ein 3 km langer Güterzug im Schneckentempo, was dann gefühlt eine halbe Stunde dauert, vorbeischiebt und dabei alle 10 Sekunden tutet, weil sich irgendwo ein Bahnübergang befindet, dann ist so ein ordentlicher Highway schon eher ruhig. Und dann kommt der Gegenzug. Der musste ja auch eine halbe Stunde warten bis er endlich darf.

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18.06.2015 Calgary nach Okotoks

Irgendwie ist mir der Aufbruch in Calgary heute nicht leicht gefallen. Das Wetter war durchwachsen, der Sonnenschein, der sich zwischendurch mal kurz andeutete, ging dann doch in Regen über. Heute war mir das nicht egal. Es hat genervt.

Ich hab dann auch realisiert, dass vor mir noch 4-5000 Kilometer liegen. Auch das hat mich heute nicht gefreut. Irgendwie habe ich mich wieder an Gesellschaft gewöhnt. Mal schaun, ob ich das wieder ablegen kann.

Da ich keine Lust auf den Campground in Nanton, ca. 50 km weiter, hatte, die Stadt war mir seit meinem ersten Besuch vor ungefähr drei Wochen, irgendwie unsympathisch, und da ich auch sonst nicht sonderlich motiviert war, habe ich den Tag in Okotoks, nach nicht einmal 50 km beendet.

Ich hatte die Hoffnug, eine leidlich große und quirlige Stadt vorzufinden. Pustekuchen.

Immerhin hab ich noch ein paar Lebensmittel eingekauft und lecker gekocht. Zeit genug hatte ich ja.

Der Campground wird mit strenger Hand geführt, und fühlt sich mindestens genauso Deutsch an, wie die Deutsch, Bayrisch, Münchner Wurstbude, man konnte sich wohl nicht entscheiden und hat einfach alles in den Namen gepackt, in der Fußgängerzone (hört hört, ganz was besonderes) von Calgary. Ich bin wieder mal der einzige mit Zelt, ansonsten ist der Platz aber ziemlich voll. Am Donnerstag. Es hat definitiv die Saison begonnen.

26$ und einen Dollar für die Dusche. Auch nicht gerade ein Schnäppchen. Aber dafür habe ich einen Stromanschluss am Zelt. Leider habe ich es versäumt ein Verlängerungskabel und eine Lampe zu besorgen. Dann hätte ich mein Zelt sehr schön illuminieren können.

So muss ich mit Einbruch der Dunkelheit in den Schlafsack. Da ich morgen früh raus will, immerhin könnte ich eine 150 km Etappe bis Ford Macleod fahren, wenn ich möchte, ist das auch gar nicht so schlecht.

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15. – 17.06.2015 Calgary

Am 15. fahren wir in die Stadt um uns ein bisschen umzuschauen und um einen Karton für Geralds Fahrrad zu besorgen. Wir laufen die Fußgängerzone einmal komplett ab, und biegen dann nach Süden ab, um zu einem Outdoor Laden und zu einem Bike Shop zu gehen, von denen wir wissen, dass die da sind.

Allerdings wird Gerald bereits in der Fahrradabteilung des MEC fündig, und ergattert einen ca. 140x70x20 cm3 großen Karton.

Er bringt den Karton Mit S-Bahn und Bus nach Hause, ich mach noch eine kleine Runde durch die Stadt. Unter anderem schaue ich mir Chinatown an. Zwei oder drei Blöcke die zu 90% aus asiatischen Restaurants und Lebensmittelmärkten bestehen. Da könnte man bestimmt ein paar leckere Happen finden.

Außerdem bin ich zum YMCA in Downtown gegangen, in der Hoffnung eine vernünftige Unterkunft für die zwei oder drei Tage zu finden, die ich nach Geralds Abreise noch in Calgary verbringen möchte. Doch der zentral gelegene Ableger des YMCA bietet nur Schwimmen und Fitness, keine Unterkünfte. Hab ich wieder was gelernt.

Gerald ist in der Zwischenzeit das seeehr weitläufige Gewerbegebiet in der Nähe unseres Hotels abgelaufen, auf der Suche nach einem Baumarkt, um sich dort mit Klebeband und Luftpolsterfolie einzudecken.

Am Ende sind wir fast gleichzeitig im Hotel angekommen.

Danach haben wir das Fahrrad verpackt. Nun ja, der Karton war schon recht niedlich anzuschauen. Kein Vergleich zu meinem KARTON.

Es kam wie es kommen musste, wir haben das Bike praktisch in die Einzelteile zerlegt, um es irgendwie in die Box zu kriegen. Wenn der Dreck am Rahmen nicht gewesen wäre, hätte man es fast für fabrikneu halten können. Da hat man dann doch noch viel länger was vom Urlaub, wenn man das Bike zuhause wieder zusammenbauen darf. Das sollte ich mir für meinen Rückflug merken.

Abends gingen wir noch lecker indisch essen und in einer Kneipe ein Bier trinken. Zum Abschluss halt nochmal auf die Pauke hauen.

Am nächsten Tag hieß es dann Abschied nehmen. Gerald hat sich vom hoteleigenen Shuttle zum Flughafen fahren lassen, übrigens ein kostenloser Service, sehr nett vom Holliday Inn.

Ich bin in der Zwischenzeit mit dem Rad zu meinem Hostel in Downtown, HI-Calgary, gefahren und hab mich dort in einem 6-Bett Zimmer einquartiert.

Das Hostel ist eigentlich ganz gut. Frühstück ist inklusive, es gibt Toast, Waffeln und Pan Cakes, Marmelade und Erdnussbutter und Müsli. Kaffee ist den ganzen Tag frei und dazu noch genießbar. Außerdem stehen immer irgendwo Teller mit kleinen Kuchen- oder Muffinstücken rum. 2 oder 3 mal die Woche wird, vom Hostel organisiert, groß zu Abend gekocht. Da kann man sich dann z.B. für 5 Dollar eine fette Portion Spagetti Bolognese ordern. Ich hab’s leider zu spät gemerkt. Hab mich nur gewundert, dass plötzlich alle Spagetti vor sich stehen hatten. Den Aushang, auf dem das Ganze angekündigt worden war, habe ich erst danach gesehen. Ich verspreche mich zu bessern. Ich werde in Zukunft Aushänge und Bedienungsanleitungen lesen, manchmal zumindest.

Ich hab ein paar Kneipen durchgetestet. Auf den ersten Blick sieht die Downtown ziemlich fad aus, aber bei näherem Hinsehen findet man dann unzählige, teilweise recht coole, Locations. Es scheint auch eine gesunde und lebendige Punk und Alternative Szene zu geben.

Zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass vom 24. bis 27. Juni ein fettes, jährlich wiederkehrendes, Festival steigt. An ungefähr 30 Locations, von Kneipen über Museen, bis hin zu Parks, spielen ca. 250 Bands, ein Großteil davon sogar kostenlos. Außerdem gibt es ein begleitendes Film und Kunst Programm. Aber ich bin dann schon weg. Und ich glaube auch, dass ich für die Zeit keine Unterkunft mehr bekommen hätte. Ganz besonders ärgerlich finde ich, dass auf dem Festival Pentagramm auftritt. Angeblich spielt die Band, trotz ihrer irgendwie 46 jährigem Bandgeschichte, das erste Mal in Kanada. Und wenn man sich ihren Sänger Bobby Liebling so anschaut, dann glaubt man nicht, dass sie es noch ein zweites Mal schaffen werden, wenn es überhaupt diesmal klappt.

 

14.06.2015 Canmore nach Calgary

Die Strecke von Canmore nach Calgary führt entweder über den Highway 1, oder wesentlich ruhiger und schöner, über den Highway 1A. Dieser ist insgesamt etwas länger, hat aber den Vorteil, dass er praktisch frei von Schwerlastverkehr ist. Allerdings hat die Straße auch keinen Seitenstreifen.

Nachdem es in Canmore in der Nacht noch geregnet hatte, ist

Am Vormittag aber doch noch die Sonne raus gekommen. Unsere Zelte sind fast trocken geworden.

Unterwegs hat es uns dann aber doch noch erwischt. Eine dicke Wolke hatte sich an einem Berg verfangen, und wusste sich nicht anders zu Helm, als das ganze schöne Wasser fallen zu lassen.

Zu unserem Glück war aber bald alles wieder gut, lange hätten unsere Finger die nasse Kälte eh nicht ausgehalten, und die Sonne kam raus und hat alles wieder getrocknet.

Der Wind war wieder einmal eine Katastrophe und kam aus nordöstlicher Richtung. Erst bei Cochrane, bzw. kurz danach, hatte sich die Straße soweit in südöstliche Richtung gedreh, dass uns de Wind zumindest mal egal sein könnte.

In Summe waren die 120 Kilometer bis Calgary aber schon recht anstrengend. Wir waren daher froh, als wir, nach einem nervenaufreibenden Ritt über die Stadtautobahnen, endlich unser Hotel erreicht hatten.

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12.06.2015 Ruhetag in Lake Louise

Das Wetter an dem Tag war zuerst einmal miserabel. Es war eisig kalt und hatte die Nacht geregnet.

Wir sind einfach bis gegen 11:00 Uhr im warmen Schlafsack geblieben und haben uns danach direkt in die Stadt, tschuldigung, in das Dorf begeben. Dort gibt es ein kleines Café, das guten Kaffee und leckere Teilchen hat. Unser bevorzugter Aufenthaltsort wenn wir im Village sind.

Nachmittags haben wir uns dann in einen der Unterstände zurückgezogen. Es war zwar inzwischen teilweise sonnig, aber eiskalt und im Wind echt kein Spaß.

Dort haben wir unsere elektronischen Geräte mit der von diesen sosehr geschätzten elektrischen Ladung versorgt und nebenbei heiße Brühe geschlürft, etwas gelesen und Schach gespielt.

Ach ja, ich hab meinen ersten Grizzlybären gesehen. Ich meine natürlich in natura. Er befand sich ca. 100 Meter außerhalb des Campground und ist dort gemächlich über die Wiese getrottet.

Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass der gesamte Campground in Lake Louise mit einem elektrischen Zaun gesichert ist. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich, dass sich ein großes wildes Tier dorthin verirrt.

 

13.06.2015 Lake Louise nach Canmore

Wir wollen am 14.06. in Calgary sein. Zum einen möchte ich mir die Stadt ein bisschen Anschein, zum anderen muss der Gerald sich noch eine Verpackung für den Rückflug für sein Fahrrad besorgen.

Da er am 16.06. wieder fliegt, bleibt uns also dafür nur der 15.

Es sind ca. 200 km von Lake Louise nach Calgary. Wir haben uns deshalb entschieden, in dem Ort Canmore, und nicht in Banff, Zwischenstationen zu machen. Dadurch sind wir schon mal 25 km nähern an Calgary und haben für die zweite Etappe nur noch ca. 115 km zu absolvieren.

Der Weg nach Calgary führt über den Highway 1A, eine sehr schöne Strecke, frei von Lasterleben, aber voll von den teilweiße riesigen Campingmobilen. Die Steigungen sind dezent und so sind wir ganz passabel vorwärts gekommen. Die Leistungsruderern sollten also ohne Probleme für die morgige Etappe reichen.

Der städtische Campground ist sehr minimalistisch gehalten, kostet aber doch recht stolze 27 Dollar. Die Dusche kostet dann auch noch extra, das ist schon recht selten, meist ist die Dusche, wenn vorhanden, umsonst. Und dann auch noch echt stolze drei Dollar für 5 Minuten. Da einzige andere Mal, dass die Dusche nicht umsonst war, waren es ein Dollar für 6 Minuten. Wucher.

Und Wi-Fi hat der Platz auch nicht.

Fast hätte ich vergessen zu erwähnen, dass der Gerald heute seine ersten 1000 km voll gemacht hat. Hipp Hipp Hurra!!

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